Altersschwach oder fit wie ein Turnschuh?
Das ist kaum eine Frage des Alters als vielmehr eine Frage von trainierten Faszien.
Möchtest du schmerzfrei, beweglich und leistungsfähig älter werden?
Dann ist dieser Artikel etwas für dich!
Denn ich erkläre dir, wozu Faszientraining gut ist.
Du wirst erfahren,
> warum deine Faszien trainiert werden wollen,
> wie Schmerz und Faszienfitness zusammen gehören und
> wie du deine Faszien freudvoll und abwechslungsreich trainieren kannst.
Was sind Faszien überhaupt?
Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei den Faszien um das weiße „Verpackungsmaterial“ in unserem Körper – ähnlich der weißen Häute einer Orange.
Die weißen Häute einer Orange können als sehr vereinfachtes Modell unserer Faszien dienen.
Faszien bilden – zumindest bei Normalgewichtigen – die größte Masse im menschlichen Körper.
Sie bestehen hauptsächlich aus Kollagen und Wasser.
Faszien umhüllen einfach alles: Gefäße, Muskelbündel, Muskeln, Knochen, Nerven, Organe.
Weil alles in unserem Körper mit Faszien umhüllt ist, ist auch alles miteinander verbunden – eingebettet wie in einem Netz.
Das erklärt auch, warum Behandlungen oft wenig nützen, wenn sie nur dort stattfinden, wo es weh tut.
Faszien sind keine Neuentdeckung, nur hat die Wissenschaft ihre Bedeutung bis vor wenigen Jahren völlig verkannt.
Das erstaunt doch sehr, denn die Natur ist ja nicht dumm. Sie erschafft nichts Unnützes, noch dazu in solcher Menge.
Ist Faszientraining eine Modeerscheinung?
Als der Begriff „Faszientraining“ aufkam, dachte auch ich zunächst: „Was ist denn das wieder für ein Werbegag? Faszien sind doch nichts Neues, die sind mir doch schon in meinem Sportstudium begegnet.“
In fernöstlichen Kampfkünsten wurden sie schon vor Jahrtausenden trainiert.
Beschrieben und therapeutisch genutzt wurden sie erstmals Ende des 19 Jahrhunderts von Andrew Taylor Still, dem Begründer der Osteopathie.
Die wissenschaftliche Faszienforschung ist allerdings noch sehr jung. Sie wurde erst durch die immens verbesserten bildgebenden Verfahren möglich.
Leider ist in der westlichen Wissenschaft ja nicht existent, was nicht zu sehen und zu beweisen ist.
Klar finde ich es gut, dass Heilverfahren immer wieder überprüft werden. Auch bin ich dankbar für die Möglichkeiten der modernen Medizin – dort, wo wir sie wirklich brauchen wie z.B. bei einem Blinddarmdurchbruch.
Der deutsche Pionier der Faszien-Forschung ist der in Ulm arbeitende Humanbiologe Dr. Robert Schleip. Die Fortbildungen nach seinem Konzept waren für mich als bahnbrechend.
So war meine Begeisterung für dieses absolut faszinierende und noch immer unterschätzte Gewebe schon nach der ersten Fortbildung geweckt. Endlich bekam ich eine Erklärung dafür, warum ich mein Knie durch Yoga wieder beweglich und schmerzfrei bekommen hatte, nicht jedoch doch jahrelanges Krafttraining.
Das war mein Ding – ich wollte immer mehr über die Arbeit mit den Faszien wissen.
Und heute ist das Faszientraining ein sehr wichtiger Baustein meines ganzheitlichen Trainingskonzeptes MYOFAMO®.
Heute werden die Faszien als größtes Sinnesorgan des menschlichen Körpers angesehen.
Und mit Hilfe der Faszien-Forschung können wir verstehen, warum Schmerzbehandlung häufig nicht viel nützt, wenn sie nach dem „DAWOS-Prinzip“ erfolgt: da, wo’s wehtut, wird behandelt.
Das führt uns zum nächsten Punkt:
Wieso sind Faszien oft Schuld an Schmerzen?
Wie schon oben beschrieben, dachte man früher, die Faszien sind im besten Fall Trenn-und Haltegewebe.
Heute lässt sich zeigen, dass ein sehr großer Teil der Muskelfasern in die sie umhüllenden Faszien münden und eben nicht nur in die Sehnen am Anfang und Ende.
Außerdem sind in den Faszien sehr viele Schmerz- und Lagerezeptoren enthalten.
Was bedeutet das?
Du weißt ja sicher, dass Nerven deinem Gehirn melden, wenn du dich z.B. in den Finger geschnitten hast. Das Gehirn verarbeitet die ankommenden Informationen und entscheidet dann, ob und wie stark es nun Schmerzsignale aussendet, die dir dann bewusst werden.
Genauso funktioniert das mit den Lagerezeptoren:
Wenn du die Augen zu machst, ist dir trotzdem bewusst, wo sich z.B. deine Arme und Beine befinden.
Viele Menschen leiden heute unter …
- mangelnder Bewegung,
- negativem Stress und
- schlechter Ernährung.
Im Laufe des Lebens werden unsere Faszien bei diesem Lebensstil immer spröder. Sie verkleben und verfilzen regelrecht anstatt gut durchsaftet wunderbar aneinander vorbei gleiten zu können. Das kannst du dir so ein bisschen vorstellen wie ein Gumminetz, das durch Materialermüdung weniger elastisch wird und schließlich reißt.
Unsere Faszien haben gegenüber dem Gumminetz allerdings einen großen Vorteil:
In unserem Körper wird jede Zelle erneuert, solange wir leben – immer wieder. Mit zunehmendem Alter nimmt die Geschwindigkeit der Erneuerung zwar ab, hört aber nie auf.
Das gilt es zu nutzen! Durch gesunde Ernährung, ausreichend Entspannung und eben die richtige Bewegung.
Häufig entstehen Schmerzen tatsächlich durch verklebte und spröde Faszien, ganz besonders die Rückenschmerzen. In Deutschland sind Rückenschmerzen aktuell für die Mehrheit aller Krankschreibenden verantwortlich. Meist werden sie als „unspezifischer Rückenschmerz“ diagnostiziert, weil keine direkte Ursache gefunden wird. Selbst bei einem im MRT erkennbaren Bandscheibenvorfall hast du nicht unbedingt Schmerzen. Andererseits kannst du Schmerzen haben, ohne dass sich im MRT dafür eine Ursache zeigt.
Wenn die Faszien gesund, elastisch und zugstark sind, hast du keine Schmerzen.
Die Faszien halten deine Knochen, Muskeln, Organe in deinem Körper in ihrem Netz aufgespannt. Das ist ein genialer Einfall der Natur!
Selbst der Muskelkater müsste eher Faszienkater genannt werden.
Dich interessiert es noch genauer, warum und wie Faszientraining gegen Schmerzen hilft? Dann lies doch auch noch diesen Blog-Beitrag von mir: Wie Faszientraining gegen Schmerzen hilft
Welche Arten von Faszientraining gibt es
Am bekanntes ist das Bearbeiten der Faszien mit Rollen oder Bällen.
Es gibt aber viel mehr, was wir für unsere Faszien tun können, um sie geschmeidig und stark zu erhalten.
Faszien vertrocknen und verfilzen nicht nur durch mangelnde Bewegung, sondern auch durch Stress oder Ängste. Eine im Februar 2022 veröffentliche Studio der Universität Witten/Herdecke konnte sogar den Zusammenhand zwischen dem Zustand der Faszien im Schulter-/Nackenbereich und Depressionen belegen.
Unsere Faszien lassen sich auf sehr unterschiedliche Weise trainieren, je nach Zielsetzung, Bedürfnissen und Vorlieben.
Auch ein 70-jähriger Mensch kann sich jugendlich und fit fühlen und auch so wirken – manchmal eher als ein 30-Jähriger. Und ein paar Falten als „Charaktermerkmal“ können wir dann gerne in Kauf nehmen, oder?
Wir unterscheiden 4 Gruppen des Faszientrainings:
1. Selbstmassage / Rollen
Die Behandlung mit den verschiedensten Rollen und Bällen wird eingesetzt, um
- eine Entspannung des Gewebes zu erzielen
- die Faszien geschmeidiger zu machen
- den Abtransport von Abfallstoffen aus den Zellen zu fördern
- anschließend eine bessere Durchfeuchtung zu ermöglichen (wie ein Schwamm, der sich wieder vollsaugt, nachdem du ihn ausgedrückt hast
- den Flüssigkeitsaustausch und damit den Nährstofftransport zu unterstützen
Für alle diese Zwecke wird langsam gerollt.
Hierbei wird Kollagen abgebaut.
Schnelles Rollen vor dem Sport wird vor allem von Leistungssportlern eingesetzt, um die Muskeln und Faszien auf ihre Arbeit vorzubereiten.
2. Schwingen, Federn, Hüpfen
Regelmäßiges Schwingen, Federn und Hüpfen ist in dreifacher Hinsicht sinnvoll:
- Deine Faszien werden elastischer. Deine Beweglichkeit nimmt zu. Dadurch fallen dir viele Bewegung im Alltag viel leichter, z.B. waschen der Füße, den eigenen Rücken cremen, den Lieblingspulli aus dem obersten Schrankfach angeln, …)
- Die Faszien werden widerstandsfähiger. Die Verletzungsgefahr sinkt. Es reißt nicht gleich etwas, wenn du mal umknickst oder hinfällst.
- Du sparst enorm viel Kraft durch den Katapult-Effekt deiner Faszien. Das Känguru kann nämlich auch nicht so weit springen, weil es so starke Muskeln hat, sondern weil es extrem zugstarke Achillessehnen besitzt.
Für eine aufrechte, mühelose Körperhaltung ist diese Art Training besonders wichtig. Indem wir die Faszien in immer wieder anderen Winkeln auf Zugspannung bringen, fördern wir die Fähigkeit des Fasziennetzes, sich aufzuspannen und uns eine gute Figur zu verleihen.
Die Kollagenbildung wird hierbei gefördert.
Zu dieser Art des Faszientrainings wurde kürzlich ein Gastbeitrag von mir veröffentlicht mit 5 einfachen Übungen zum Ausprobieren.
3. Faszien-Krafttraining
Diese Art Training fördert ganz besonders die Stabilität von Bewegungen. Die Faszien werden hierbei fester und können dann größere Kräfte übertragen.
Das ist besonders für Leistungssportler interessant.
Für Freizeit- und Gesundheitssportler ist wichtig zu erkennen, in welchen Bereichen des Körpers jemand mehr Kräftigung oder mehr Beweglichkeit braucht.
Ein erfahrener Personal Trainer oder Fitnesscoach wird daher am Beginn einer Zusammenarbeit immer einige Tests durchführen lassen. So werden die Ungleichgewichte im Körper, die jeder Mensch hat, aufgespürt und das Training kann entsprechend geplant werden.
4. Atemtechniken und Übungen zur Körperwahrnehmung
Wir atmen meist unbewusst und das ist gut so.
Interessant ist aber, wie stark wir unser Wohlbefinden und auch unsere Kraft und Leistungsfähigkeit durch eine gute Atemtechnik verbessern können.
Im Yoga wird das seit Hunderten von Jahren genutzt.
In die neuzeitlichen Trainingslehre findet das Atemtraining dagegen erst jetzt so langsam Einzug.
Übungen, die unsere Körperwahrnehmung und Koordination verbessern, funktionieren ebenso über das Faszientraining. Die Informationen werden nämlich mehrheitlich zwischen Gehirn und Faszien ausgetauscht.
Spüren, das sogenannte Embodiment, verbessert die Körperwahrnehmung und hilft dem Gehirn, neue Bewegungen abzuspeichern.
Immer wieder neue Bewegungen zu lernen ist inzwischen als beste Methode anerkannt, um Demenz-Erkrankungen vorzubeugen.
Mehr zum Thema Atmen sowie 3 Atemübungen findest du hier
Für wen ist Faszientraining sinnvoll?
Wenn du bis hierher gelesen hast, ist dir wahrscheinlich längst klar geworden, das ALLE Menschen vom Faszientraining profitieren.
Faszien sind Formgeber des ganzen Körpers. Je straffer dein Fasziennetz ist, desto wohlgeformter ist dein Körper und desto weniger Falten und Dellen zeigen sich.
Halten wir also fest: Faszientraining ist für jeden sinnvoll.
Eine fachkundige Anleitung ist sehr empfehlenswert, denn nicht für jeden macht dieselbe Art von Faszientraining Sinn.
Jeder Mensch ist wundervoll als Individuum und hat seine ganz eigenen Bedürfnisse. Daher kann ein Einheitskonzept für was auch immer – Training, Ernährung, Entspannung – bestenfalls mäßig funktionieren.
Es gibt überbeweglich Menschen, die von Natur aus ein sehr weiches Bindegewebe haben und extrem beweglich sind. Ihnen fehlt es an Stabilität.
Wenn diese Menschen ihre Beweglichkeit noch weiter fördern, tun sich sich damit nichts Gutes, sondern schaden sich langfristig sogar. Das Gewebe „leiert aus“ und verliert seine wichtige Stützfunktion. Gelenk- und Rückenprobleme sind die Folge.
Diese sehr beweglichen Menschen brauchen mehr Übungen zur Stabilisation und zum Kraftaufbau.
Das andere Extrem sind „Kraftprotze“, die von Natur aus sehr straffes Bindegewebe haben und sehr leicht Muskeln aufbauen. Ihnen fehlt es an Beweglichkeit.
Wenn diese Menschen ausschließlich Krafttraining machen, führt das zu dem bekannten Sinnbild „der kann vor Kraft kaum laufen“.
Die mangelnde Beweglichkeit führt schneller zu Gelenkabnutzungen, weil alles, was wir nicht nutzen, verkümmert.
Die meisten Menschen sind Mischtypen. Sie sind in einigen Körperbereichen zu wenig stabil und in anderen zu wenig beweglich. Im Idealfall ist das Training darauf ausgerichtet, die Schwächen auszugleichen.
3 einfache Übungen, mit denen du beginnen kannst
Hier stelle ich dir drei Übungen vor, die jedem gut tun. Damit kannst du in dein Faszientraining starten und die verschiedenen Arten mal ausprobieren.
Jede Übungen ist auch in den verlinkten YouTube-Videos von mir enthalten. Mit diesen Videos kannst du noch mehr mit mir üben und erhältst zudem eine genaue Anleitung.
Füße rollen
Nimm zu Beginn am besten einen nicht zu festen Tennisball und rolle deine Fußsohle langsam aus.
Arme um den Körper schwingen
Beginne langsam und werde mit der Zeit immer schwungvoller. Die Wirbelsäule dreht sich dabei locker mit.
Arme nach hinten federn
Breite die Arme aus und federe sie nach hinten – immer wieder in anderen Winkeln.
Diese Übung ist besonders gut für dich, wenn du viel sitzt oder nach vorm gebeugt arbeitest.
5 Fehler, die du beim Faszientraining unbedingt vermeiden solltest
1. Verabschiede dich von dem Gedanken: „Faszienrollen muss richtig weh tun.“
Wenn es zu weh tut, kann dein Gewebe nicht entspannen. Es spannt automatisch dagegen an, um sich zu schützen. Rolle immer nur mit einer Intensität, bei der du nicht das Gesicht verziehen musst und entspannt atmen kannst.
2. Faszienfitness braucht ein bisschen Geduld
Faszientraining bringt dir wenig kurzfristigen, aber großen langfristigen Erfolg. Das Fasziengewebe kann sich in 6 bis 24 Monaten komplett erneuern. Nur durch regelmäßiges Üben zeigst du ihm den Weg, wie es sich umbauen soll. So wird es wieder elastisch und widerstandfähig.
3. Viel ist hier nicht viel
Das ist doch eine gute Nachricht, oder?
Manche Übungen wie das Schwingen kannst du gerne täglich durchführen, aber auch das nicht zu lange.
Beim Rollen macht ein tägliches Üben wenig Sinn, denn deine Faszien brauchen Zeit dazwischen, um den Reiz gut verarbeiten zu können. 2-3 Mal pro Woche ist hierfür meist optimal.
4. Nur den Bereich zu bearbeiten, der Probleme bereitet
Durch die Vernetzung aller Körperbereiche kann es dir z.B. bei Schmerzen im unteren Rücken nützen, deine Füße zu rollen.
5. Immer dieselben Übungen machen
Deine Faszien bleiben dann gesund, geschmeidig und strapazierfähig, wenn du sie immer wieder anders forderst.
Ich empfehle unbedingt eine gute Anleitung durch entsprechend ausgebildete und erfahrene Trainer.