Christine Hector
Gesundheitscoach

Warum rosten wir überhaupt ein?

Du kennst den Satz „Mit dem Alter wird eben alles schlechter“.

Nur – das stimmt so überhaupt nicht.

Lass uns doch erst einmal klären, wie sich das „eingerostet sein“ anfühlt und woher es kommt. Daraus ergibt sich dann der Weg zurück zur Geschmeidigkeit.

Wie zeigt sich „eingerostet sein“?

Du wachst morgens auf. Du schälst dich aus dem Bett und das fällt dir schon schwer. Nicht, weil du nicht ausgeschlafen wärst, sondern weil du dich total steif fühlst. Es dauert eine ganze Weile, um in die Gänge zu kommen. Alle Bewegungen fühlen sich schwerfällig und unrund an.

Weiter geht’s im Bad:
Meldet sich dein Rücken schon beim Vorbeugen am Waschbecken?
Und in der Dusche – wie klappt es mit dem Füße waschen? Kostet es dich große Anstrengung, an deine Füße zu kommen? Und klappt das überhaupt noch auf einem Bein?

Eigentlich würdest du gern deinen Rücken eincremen, aber weite Teile erreichst du selbst garnicht. Zum Glück kann dir dein Partner oder deine Partnerin helfen. Ist ja auch sehr angenehm, so eine streichelnde Cremung. Wenn du allein bist, fällt diese Möglichkeit allerdings weg.

Nun geht’s ans Anziehen. Zum Anziehen von Unterwäsche und Socken musst du dich hinsetzen. Im Stehen ist dir das schon lange zu schwierig und zu unsicher. Oder fällt dir das Anziehen der Strümpfe sogar im Sitzen schon schwer?

Das alles sind Beispiele dafür, dass du dich wie eingerostet fühlst. Na ja, beim Strümpfe anziehen kann es sein, dass der Bauch ganz einfach zu sehr im Weg ist – das ist ein anderes Thema 😉, dass du aber auch in den Griff bekommen kannst.

Wie kommt es dazu, dass wir uns wie eingerostet fühlen?

Kurz gesagt: es liegt an mangelnder Bewegung. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht.

Du hast bestimmt schon mal etwas von Faszien gehört. Und wahrscheinlich denkst du jetzt als erstes an diese Rollen. Was hat das aber mit unserer Beweglichkeit und Geschmeidigkeit zu tun?

Unsere Faszien sind das alles ummantelnde und umspannende Netz in unserem Körper. Sie sind außerdem unser größtes Sinnesorgan.

Die Faszien wollen gut durchfeuchtet, gleitfähig und geschmeidig gehalten werden. Wie das funktioniert und was du dafür tun kannst – ob mit oder ohne diese Rollen – kannst du gern hier nachlesen.

Tatsache ist jedenfalls, dass unsere Faszien im Laufe der Zeit nur dann geschmeidig und belastbar bleiben, wenn wir uns regelmäßig und möglichst vielseitig bewegen. 

Genau dasselbe gilt für unsere Gelenke: Sie bleiben nur dann im vollen Umfang beweglich, wenn wir sie immer wieder nutzen. Wenn du z.B. dein Kniegelenk nur noch schwer und unter Schmerzen ganz beugen kannst oder sogar garnicht mehr, dann liegt das nicht so sehr an der Arthrose, sondern daran, dass du es viel zu lange nicht gemacht hast. Die Teile des Körpers, die wir nicht regelmäßig nutzen und fordern, werden als „unwichtig“ eingestuft und abgebaut. 

Arthrose entsteht also nicht nur durch falsche und zu starke Belastung, sondern meist sogar im Gegenteil dadurch, dass du nicht oder nicht in vollem Umfang belastest. Der so wichtige Gelenkknorpel enthält keine Blutgefäße zur Versorgung. Er wird nur durch den Wechsel von Belastung und Entlastung ernährt (so ähnlich wie ein Schwamm, den du ausdrückst und der sich dann wieder vollsaugt, also fast so wie bei den Faszien 😊).

Ist „Einrosten“ eine Alterserscheinung?

Wenn du das 1. Kapitel ganz gelesen hast, ahnst du es wahrscheinlich schon: nein, eine direkte Folge des Alterns ist es nicht, sondern eine direkte Folge mangelnder Bewegung und schlechter Ernährung.

Unser Körper ist ja ein unglaubliches Wunderwerk und ich habe große Hochachtung vor seinen komplexen Funktionen. Täglich bin ich dankbar dafür, dass und wie gut mein Körper funktioniert. Das geschieht allerdings nicht so ganz von allein. Wir müssen auch seine Bedürfnisse befriedigen. Und genau das ist in unserer Gesellschaft sehr in Vergessenheit geraten.

Früh lernen wir, zu funktionieren. Die Arbeitswelt scheint immer mehr zu erfordern, dass wir die Signale unseres so intelligenten Körpers einfach überhören, zumindest bis es nicht mehr anders geht und wir so richtig auf der Nase liegen.

Da drängt sich der Vergleich zu Umwelt auf. Hierzu ein Zitat, dass mir sehr gefällt (AutorIn konnte nicht gefunden werden):

„Die vom Menschen gegebenen Richtlinien sind von der Natur zu beachten.“

So ist es auch mit unserem Körper. Wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass er funktioniert. Tatsächlich ist er sehr belastbar und „Sünden“ zeigen sich nicht so schnell, sondern stark zeitversetzt. Das macht es so schwer, die Zusammenhänge zu erkennen. 

Und wenn unser Körper mal nicht funktioniert, gehen wir zum Arzt und erwarten Hilfe. Und hier kommt das nächste Problem: unser westliches Gesundheitssystem ist vor allem ein Reparatursystem. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) kümmert sich besonders um gesunde Menschen, um sie dabei zu unterstützen, garnicht erst krank zu werden.

Und mal ehrlich – das kennst du auch aus anderen Bereichen: etwas zu pflegen ist auf Dauer wesentlich erfolgreicher als zu warten, bis etwas kaputt ist, um dann zu versuchen, es zu reparieren.

Warum tun wir uns mit dem eigenen Körper und unserer Gesundheit, dem höchsten Gut, das wir haben, so schwer? 

Beantworte dir selbst ganz ehrlich diese drei Fragen:

  1. Gebe ich meinem Körper die für mich optimale Nahrung?
  2. Ermögliche ich meinem Körper die optimale Bewegung?
  3. Sorge ich für genügend Schlaf und effektive Entspannung?

Wenn du bis hierher gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du mindestens eine Frage mit NEIN beantwortest hast. Wahrscheinlicher ist es, dass du alle drei Fragen mit NEIN beantworten musstest. Mach dir deshalb keine Vorwürfe! In unserer Gesellschaft ist das leider der Normalzustand. 

Das Gute ist:

Wenn du das Problem erkannt hast, kannst du die Lösung angehen.

Und ich versichere dir – es lohnt sich so sehr! Egal in welchem Alter und welchem Zustand du startest, du wirst eine deutliche Verbesserung erreichen können.

Je eher du gegensteuerst, desto leichter, schneller und vollständiger wird dir der Weg zu einem gesunden, beweglichen und leistungsfähigen Körper gelingen.
So oder so erwartet dich unglaublich viel mehr Lebensfreude.

Einen Tipp schonmal vorab: 

Verabschiede dich als erstes von dem Glaubenssatz, dass im Alter alles schlechter wird. Ich bin der lebende Beweis für das Gegenteil und erlebe es täglich in meiner Arbeit.

5 Gründe, um sich nicht mit dem Rost abzufinden

  1. Du wirst immer unbeweglicher.
  2. Schmerzen werden dich zunehmend plagen.
  3. Deine Kraft lässt mehr und mehr nach.
  4. Dein Gleichgewicht nimmt ab – du wirst immer unsicherer.
  5. Die Verletzungsgefahr steigt.

So geht der Rost wieder ab – 7 Übungen für den Alltag

Am besten ist es natürlich, wenn die Übungen je nach deiner Ausgangssituation speziell auf dich abgestimmt sind. Das gilt umso mehr, je länger du keinen Sport gemacht hast.

Hier empfehle ich dir aber schon mal einige Übungen, die dir sicher guttun werden.

Bevor du anfängst, beachte bitte unbedingt folgende Hinweise:

  • Beginne langsam und achte darauf, dass sich die Übungen gut anfühlen.
  • Die Übungen sollten niemals weh tun.
  • Übe lieber öfter, aber dafür nicht so lange. Beginne je Übung mit etwa 15 Sekunden und steigere dich im Laufe der Zeit auf je 1 Minute.

Jetzt zu den Übungen. Du kannst sie in der angegebenen Reihenfolge nacheinander üben – das macht durchaus Sinn. Es ist aber auch o.k., wenn du mit ein oder zwei Übungen, die dir am besten gefallen, beginnst, diese täglich machst und in jeder folgenden Woche eine weitere Übung dazu nimmst. Gerne kannst du auch gleich mit mir zusammen üben! Hier geht’s zum Übungsvideo.

Übung 1:

Stelle dich aufrecht hin, die Füße parallel zueinander und etwa schulterbreit auseinander.
Drehe deinen Oberkörper nun nach rechts und links im Wechsel.
Lass die Arme dabei ganz locker um deinen Körper schwingen.

Übung 2:

Rolle deine Schultern so groß wie möglich nach hinten. Dabei kannst du stehen oder aufrecht auf der vorderen Kante eines Stuhls sitzen.

Übung 3:

Begib dich in den 4-Fuß-Stand: Hände unter den Schultern, Knie unter den Hüften.
Mach beim Ausatmen einen großen Katzenbuckel, ziehe dabei den Bauchnabel so weit wie möglich nach innen.
Beim Einatmen lässt du den Rücken sinken in ein leichtes Hohlkreuz (nicht übertreiben!), ziehst die Schultern zurück und hebst den Kopf etwas an.
Übe das im Wechsel: ausatmen, rund werden – einatmen, leichtes Hohlkreuz

Übung 4:

Lege dich auf den Rücken und strecke zunächst die Arme in die Luft. Mache lockere Fäuste und kreise deine Fäuste um die Handgelenke – so groß wie möglich ohne dass sich die Unterarme mitdreden. Wechsele auch mal die Richtung.

Übung 5:

Auch hierzu liegst du auf dem Rücken. Diesmal streckst du die Beine in die Luft und lässt deine Füße kreisen, erst in die eine, dann in die andere Richtung.

Wenn du schon geübter bist, kannst du die Übungen 4 und 5 auch gleichzeitig ausführen.

Übung 6:

Komm wieder in den 4-Fuß-Stand wie in Übung 3.
Beim Einatmen ziehst du deinen rechten Arm nun so hoch du kannst seitwärts hoch Richtung Decke (oder Himmel, falls du draußen übst).
Beim Ausatmen führst du die rechte Hand dicht hinter der linken unter dir durch und schiebst sie wenn möglich so weit nach links bis deine rechte Schulter den Boden berührt. Keine Sorge – das muss nicht auf Anhieb klappen. Gehe einfach so weit wie es sich gut anfühlt.
Wiederhole das noch mindestens 2 mal, mit der Zeit öfter und du wirst sehen: es geht immer wieder ein klitzekleines Stückchen weiter.

Übung 7:

Komm wieder in die Rückenlage und stelle die Füße möglichst dicht zum Po auf. Füße und Knie berühren sich.
Die Arme legst du auf Schulterhöhe zur Seite ab.
Nun lass deine geschlossenen Knie ausatmend wie Scheibenwischer nach rechts sinken, hebe sie einatmend wieder zur Mitte an und ausatmend nach links – immer so weiter einige Male.
Wenn du magst, bleibe danach zur Entspannung noch für je etwa 7 langsame Atemzüge mit den Knien erst auf der rechten Seite und dann auf der linken Seite liegen.

Nach Übung 7 komme auf jeden Fall ganz langsam und ohne Kraftanstrengung über eine Seite nach oben.

Im folgenden Video kannst du alle 7 Übungen mit mir gemeinsam üben. Nimm dir aber die Freiheit, zunächst nur einige mitzumachen und mit den anderen noch zu warten bis du dich an die ersten gewöhnt hast. Denk dran: besser in kleinen Schritten vorangehen, dann hast du auf jeden Fall Erfolg. Täglich ein bisschen üben ist viel besser als einmal die Woche länger zu üben.

10 Sätze, die es dem Rost leicht machen

  1. Wann bitte soll ich auch noch Sport treiben?
  2. Der innere Schweinehund ist einfach stärker als ich.
  3. Ich fange gleich an, ich muss eeerst noch schnell …
  4. Alleine macht es keinen Spaß.
  5. Mein Arzt hat gesagt, ich muss mich mit meinen Einschränkungen / Schmerzen jetzt mehr oder weniger abfinden.
  6. Ich bin schon über 60 – da kann ich damit nicht mehr anfangen.
  7. Ich komme nicht gut auf den Boden und wieder hoch – die Übungen kann ich nicht.
  8. Mir tut so schon alles weh, dann kann ich mich nicht auch noch verrenken.
  9. Heute ist es zu warm / zu kalt.
  10. Ich bin einfach zu müde.

Mit all diesen Sätzen – und dir fallen sicher spielend noch weitere ein – sabotierst du dich regelmäßig selbst.

Versuche doch mal, einen solchen negativen Satz in einen positiven umzuwandeln,
zum Beispiel statt des ersten Beispiels:
„Ich nutze jeden Morgen die ersten 5 Minuten für ein paar Übungen, die mir gut tun.“

Schreibe diesen oder deinen anderen positiven Satz groß und schön auf ein Blatt Papier und hänge es dort auf, wo du auf jeden Fall hinschaust.

Wetten, dass du so den Anfang ganz leicht schaffst?

Dein Rostschutzmittel für die Zukunft

7 Übungen hast du jetzt kennengelernt. 

Dein Ziel darf es aber gerne sein, insgesamt mehr Bewegung in deinen Alltag aufzunehmen – ganz nebenbei ist es sogar sehr zeitsparend.

Grundsätzlich ist jede Bewegung besser als keine. Und je abwechslungsreicher du dich bewegst, desto besser ist es für deinen Körper. 

Schwer fällt es ja vor allem, überhaupt mal anzufangen. Vielleicht hattest du auch gar keine Idee, was dir guttun könnte. Wenn du mit den ersten Übungen begonnen hast und sie regelmäßig machst, wirst du merken, dass dir manches schon leichter fällt und du dich insgesamt besser fühlst. Das motiviert dich ganz sicher, weiterzumachen. Und spätestens jetzt kommt die Vielfalt ins Spiel.

Und eins noch: 

Hol dir Rat und Anregungen! Lass dich immer wieder auch mal unterstützen. Dein Körper wird es dir danken, Lebensfreude und Wohlbefinden werden wieder zunehmen.

Ich wünsche dir VIEL ERFOLG !